Her mit dem Friedensnobelpreis!
Sag mir wo die Blumen sind und vor allem diese
Spiele, die eher Kleinkriege waren und auch weit nach Schlusspfiff noch ihren Nachge-schmack von Pulver, Blei und blauen Augen hinterließen. Kein Sport, sondern Auseinandersetzungen, langjährige
Erzfeindschaften und Blutfehden waren das. Nicht selten mit den Schlussworten: "Beim Rückspiel brech ich Dir die Beine!"
Nicht hier, nicht bei diesem Spiel. Fairer geht es wohl kaum.
Alles in Scherben. Als Michael in der Umkleidekabine eine silberne Weihnachtskugel herunterfiel (woher die auch immer kam), hätte man eigentlich schon ahnen können, dass das kein normales Spiel werden wird. „Frohes Fest“ war als Schriftzug noch auf der zerborstenen Glaskugel zu erkennen, die wie ein mikroskopisches Modell des durch Luke Skywalker zerstörten Todessterns aus „Krieg der Sterne“ wirkte.
Und schlimmer, martialischer und zerstörerischer sollte es tatsächlich nicht werden. Selten hat man ein faireres Spiel und einen anständig aufrechteren Gegner erlebt, als die Mannschaft der Spielgemeinschaft von Egenbüttel/ SC Pinneberg. Nicht nur, dass es keine gewohnten Pöbelleien und nicht einmal szenetypischen Trashtalk gab, auch kam es zu keinen böswilligen Unsportlich- oder gar Nickligkeiten im gesamten Spiel. Für den Schiedsrichter schwierig zu entscheidende Ausbälle oder durch Unvermögen entstandene Fouls wurden auf beiden Seiten fair geregelt. Ein Hauch von Weihrauch und Weltfrieden lag in der Luft, es kann aber auch der Duft der fertigen Bratwurst vom nahen Grill am Vereinsheim gewesen sein. Fair geht vor, mein Nachbar ist Boateng und alle Menschen werden Brüder schien der Leitgedanke dieses Spitzenspiels der Hamburger Bezirksliga 1 gewesen zu sein, bei dem es immerhin um die Tabellenführung ging.
Die zuvor erwartete hitzige Schlacht war mehr ein peaciges John-Lennon-Yoko-Ono-Bed-In; man kann dieses Seniorenspiel ohne Weiteres in die Vorschlagsliste für den Friedensnobelpreis aufnehmen. Will man die seit Jahrzehnten verworrene Situation im Nahen Osten und im arabischen Raum endlich befrieden, dann sollte die UNO uns und die Egenbüttel-Pinneberger als Blauhemd-Truppe ins Krisengebiet schicken. Wo die Politik versagt, kann nur noch der Harmoniefußball der Generation Ü-40 helfen. Nimm Du ihn, ich hatte ihn eben schon. Wir schießen nur ein Tor, wenn Ihr auch eins schießt.
Fußball gespielt wurde übrigens auch noch. Mit Bernd im Tor und einem stürmenden Keeper Christian versuchten wir eine ganz neue Variante das Angriffsspiel zu beleben, obwohl bei dieser Partie die militärisch geprägten Begriffe „Sturm“, „Verteidigung“, „Schießen“ und „Abwehr“ alles andere passend sind. Mit dem Combacker Andre auf der Seite und Mohamed (Mo) hinter den Spitzen stellte das FC-Lazarett einmal mehr die dennoch starke Truppe auf. Auf der Bank Andreas Hoech von den Super Senis (vielen Dank für den Einsatz) und nach mehr als drei Jahren Auszeit und Rekonvaleszenz Stefan St., der nach nur einem Mannschafstraining grünes Licht für einen Einsatz gab.
Attacke total! Angriff um Angriff rollte von Anfang an auf das Egenbütteler Tor zu, doch beste Chancen von Mo und Olli, der an diesem Abend ständiger Unruheherd im Mittelfeld und unermüdlicher Kilometerfresser war, konnten nicht genutzt werden. Erst eine Ecke von links in der 25. Minute, die Andre halbhoch in den Fünfmeterraum wuchtete, konnte ich durch einen Abwehrfehler meines Gegenspielers zur Einsnullführung nutzen und nur gedankenschnell (der Rest passierte jedoch wie in Zeitlupe) unspektakulär hoch und lang in die Maschen befördern.
So ging es in die Pause und wir erwarteten für Durchgang Zwei ein erzürntes Anrennen der Gastgeber, die aber bis auf eine scharf geschossene Ecke, die Bernd durch eine eingesprungene Doppelfaust entwaffnen konnte, und einen auf die Querlatte geschädelten Parabel-Kopfball nichts zeigten, was im weiteren Sinne als gefährlich zu bezeichnen wäre. Alles andere klärte Michael schnörkellos, bevor es auch nur ansatzweise gefährlich werden konnte.
Auf der anderen Seite hatten wir wieder mal Torchancen en masse. Duffy, Olli, Allzweckwaffe Christian (den es später wieder Richtung Strafraum zog und für Dedl die letzten zwanzig Minuten Innenverteidiger spielte), der eingewechselte Stefan und auch ich vergaben gegen die am Ende kraftlose Hintermannschaft der Gegner beste Möglichkeiten.
Am Ende reichte es dann aber auch so und der harmonische Kirchentag hatte wegen der höheren Spielanteile und einen verdienten Sieger, nämlich uns. Das sahen die Spielgemeinschaftler auch so und beglückwünschten uns zum Sieg und Eroberung der Weltherrrrrrsch… ich meine Tabellenspitze.
Give peace a chance? Ein bisschen Frieden? Love is in the air? Nein, der Soundtrack zum Spiel ist wohl eher das schmalzige Titelthema des US-Spielfilms „A summer place“, dessen harmonische Klänge am besten zu diesem lauen Altherrenkick passen. Fast Euch bei den Händen, wir machen einen meditativen Dankeskreis und zünden ein paar Räucherstäbchen an. Alles wird gut.
Fotos: Sophie Viemann
Endergebnis: 0:1 (0:1)
Aufstellung: Nemitz - Zimmermann, Homburg, Koehler - Pollehn, Siems, Duffke, Moneim, Patschan - Viemann, Tiedemann
Einwechselspieler: Strottmann, Hoech
Tore: Tiedemann (25.Min)
Coach: Nemitz
Zuschauer: 50